Psychologen beim Frühstück

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Folge 262: Mut zur Freiheit

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Folge 262: Mut zur Freiheit

"Die Würde des Menschen besteht in der Wahl." - hat Max Frisch gesagt. Und damit hat er nicht nur politische Wahlen gemeint, sondern unsere Wahlfreiheiten zwischen mittlerweile unglaublichen vielen Alternativen in jedem Lebensbereich: Ob Auto, Bratpfanne oder Partnerwahl, wir müssen uns ständig entscheiden. Das kann durchaus stressvoll sein, weil wir mit jeder getroffenen Entscheidung die Freiheit verlieren, uns doch noch für eine Alternative entscheiden zu können. Und das Angebot um uns herum ist riesig! Wie da richtig auswählen?

Erich Fromm, ein bedeutender Sozialpsychologe und Psychoanalytiker, hat in seinem Werk „Die Furcht vor der Freiheit“ (1941) den Zwiespalt beschrieben, den die Freiheit mit sich bringt. Freiheit bietet einerseits die Möglichkeit zur individuellen Entfaltung, kann aber auch zu Isolation und Angst führen, weil man plötzlich anders als die Anderen ist. Auf der einen Seite ist es toll, sich individuell zu fühlen, anderseits wollen wir dazugehören und nicht ausgegrenzt werden. Darum empfinden wir Mobbing und Ablehnung als so schlimm und schon die Kids versuchen, mit Filter & Co. bei Social Media, mit dem "richtigen" Slang bei der Peer Group oder der Dauerdiät bei den Freunden dem dort herrschenden Massenstandard zu entsprechen. Echte Freiheit sieht anders aus.

Fromm betont, dass echter Mut zur Freiheit nicht nur das Erlangen von Autonomie bedeutet, sondern auch die Verantwortung und die Fähigkeit, konstruktiv mit dieser Freiheit umzugehen.

Der Existenzialismus, insbesondere durch Philosophen wie Jean-Paul Sartre, betont die Freiheit des Einzelnen zur Wahl und die damit verbundene Verantwortung. Sartre argumentiert, dass Menschen „zur Freiheit verurteilt“ sind, was bedeutet, dass sie ständig Entscheidungen treffen müssen, um dann die Konsequenzen dieser Entscheidungen zu tragen.

Psychologisch betrachtet erfordert dies den Mut, sich der eigenen Freiheit bewusst zu sein und die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Sich die Freiheit zu nehmen, neue Sachen auszuprobieren, sich anders zu kleiden oder zu verhalten als üblich, sich im Urlaub einfach mal treiben zu lassen, anstatt alles zu planen. Sich selbst, die eigene Authentizität und das eigene Bauchgefühl wichtiger zu finden als den Massengeschmack. Die Stärke, auch gegen den Strom zu schwimmen. Und auch unangenehme Konsequenzen für sein Handeln zu tragen. Das Alles bedeutet es, Mut zur Freiheit zu haben.

Über dieses und vieles mehr reden wir heute bei Quark-Rosinen-Brötchen mit schwedischer Moltebeerenmarmelade…

Schreibt uns gern, wie Ihr mit Freiheit umgeht: Ist sie für Euer Leben sehr wichtig oder macht sie Euch womöglich auch mal Angst?

Bis bald, Annika + Michael


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