Psychologen beim Frühstück, Folge 14, DIE MACHT DES VERGEBENS
VERGEBEN
Ein schwieriges Thema zum leichten Frühstück: "Vergeben". Nicht nur in der Kirche ein wichtiges Thema, sondern auch in der psychologischen Beratung. Wie kann ich jemandem vergeben, der mir sehr weh getan hat? Und was ist der Unterschied zum Verzeihen? Annika und Michael wollen das mit Unterstützung von Pflaumenmus und Brioche-Brötchen klären…
- Ein Weg, um z.B. als Opfer einer Straftat mit diesem Trauma irgendwann besser klar zu kommen, ist sich langfristig dem "Vergeben" zu nähern.
- Vergeben heißt nicht, eine Tat zu vergessen oder womöglich zu verzeihen. Verzeihen würde bedeuten, das man wieder MITEINANDER im Reinen ist. Vergeben bedeutet dagegen, dass man MIT SICH SELBST im Reinen ist, die Tat des anderen aber keineswegs gutheissen muss oder vergessen sollte.
- Vergebung ist immer ein Akt der Großmut, der Gnade, und bedeutet psychologisch: "Ich möchte weder Dir als Täter, noch dem was Du mir angetan hast, weiter Macht über mein Leben geben! Deshalb vergebe ich Dir!".
- Eine Voraussetzung zur Vergebung ist leider die nochmalige Beschäftigung mit dem Tat und dem Täter: Warum hat er das getan? Was war er für ein Mensch? Wie war ich damals, z.B. als wehrloses Kind? Wie würde ich heute als Erwachsener auf so eine Tat reagieren?
- Mit diesem anderen Blickwinkel, psychologisch "Reframing" genannt, wird die Tat nochmals durchlebt und am Ende sagt der Leidende oft: "Ich würde das heute nie mehr mit mir machen lassen, ich bin heute stärker!". Nur aus dieser Stärke heraus ist ein Vergeben überhaupt möglich.
- Mit aller Vorsicht und am Besten mit psychologischer Begleitung können auch die Orte und die Personen des Schmerzes von früher nochmals aufgesucht werden. Ziel: Realitätscheck. Der Täter von früher ist vielleicht jetzt ein alter, gebrechlicher Mensch. Der unheimliche, dunkle Ort ist aus der heutigen Erwachsenensicht garnicht mehr so düster. Die angestrebte Erkenntnis: Alles ist Teil meiner Vergangenheit, in der ich schwach war. Jetzt bin ich stärker und will mein eigenes Leben führen, was nichts mehr mit der Tat zutun hat!
- Wenn die Täter beispielsweise nicht mehr auffindbar sind, kann auch symbolisch durch einen Brief der Vergebungsprozess gestartet werden.
- Vergeben ist Bestandteil der Trauerarbeit, damit belastende Ereignisse nicht ein Leben lang weiter rumoren. Das hat der leider 2013 verstorbene Psychologieprofessor Reinhard Tausch erforscht, bei dem Michael auch studiert hat.
- Mit dem Vergeben kann das Opfer zur Ruhe kommen, kann das Gefühl des Opferseins hinter sich lassen und mit seiner Vergangenheit ein Stückchen abschliessen. Sein Leben bekommt so wieder eine "gute Gestalt", wie es in der Lehre der Gestaltpsychologie genannt wird.
Am Ende des Gesprächs gibt es einen wichtigen Hinweis: NÄCHSTE WOCHE MITTWOCH, 29.8.18 um 19.00, WIRD THERATHIEL WIEDER AUSGESTRAHLT! Ihr findet das Video auf YouTube unter TheraThiel und auf der Website www.therathiel.de. Themenvorschläge und mehr gern per Mail an info@therathiel.de.
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